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St. Nikolausbrauchtum in Kägiswil
St. Nikolausbrauchtum in Kägiswil

Schleiken heute

Unter dem Schleiken versteht man in Kägiswil die Hausbesuche durch den St. Nikolaus. Bei diesen Besuchen wird St. Nikolaus jeweils von einem Schmutzli und einer Trinklergruppe begleitet. An der Tür der Familie, die ihn bestellt hat, angekommen, geben Vater oder Mutter dem St. Nikolaus und dem Schmutzli die für die Kinder heimlich bereitgestellten Geschenke in die Tschifärä, d.h. in den Rückenkorb, und weisen dem ehrwürdigen Besucher und seinem Begleiter den Weg in die Stube.

Nach der üblichen Begrüssung der Familienangehörigen fragt St. Nikolaus, ob ihm jemand ein Sprüchlein aufsagen oder sonst etwas darbieten wolle. Findet er, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist, öffnet er sein Buch und bringt Lob und Tadel vor, die darin vermerkt sind. Schliesslich fordert St. Nikolaus den Schmutzli, der sich bis zu diesem Zeitpunkt im Hintergrund gehalten hat, auf, die Geschenke aus der Tschifärä zu nehmen und auszuteilen. Vielleicht fragt St. Nikolaus noch, ob er eine Rute zurücklassen solle, damit sich das Kind oder die Kinder besser an seine Worte erinnern.

Darauf verabschieden sich die zwei Besucher. Der jeweilige Ablauf des St. Nikolausbesuchs hängt stark von der Familie ab. St. Nikolaus geht flexibel auf die gegebenen Situationen ein. Hauptziel seines Besuchs ist, den Kindern und ihrer Familie Freude zu bereiten.

Gemäss Aussagen eines erfahrenen St. Nikolaus hat sich der Ablauf der Hausbesuche in Kägiswil seit seinem ersten Einsatz Ende der 1980er Jahre kaum verändert. Heutzutage muss er jedoch öfter als früher darauf hinweisen, den Fernseher abzustellen, bevor er mit dem Gespräch beginnen kann.

Die Kinder erhalten neben den üblichen Nüssen, Mandarinen, Lebkuchen und Schokoladen vermehrt ein besonderes Geschenk, manchmal sogar mehrere Pakete. Was jeweils darin ist, weiss St. Nikolaus nicht, da er meistens geht, bevor die Sachen ausgepackt werden. Es gibt aber noch einzelne Familien, welche nur einen grossen Sack bekommen, der auf den Tisch geleert wird. Das gefällt ihm jeweils sehr gut. Die Kinder sagen häufig ein Sprüchlein auf. Eher seltener wird ein Liedlein vorgesungen. Hie und da spielt ein Kind auf seinem Instrument eine kleine Komposition vor. St. Nikolaus erhält häufig Zeichnungen oder kleine Bastelarbeiten, worüber er sich immer sehr freut. Diese hängt oder stellt er jeweils in seinem Büro auf.

Lob und Tadel hängen sehr von der Familie ab. Leider überwiegt in vielen Fällen der Tadel. Als St. Nikolaus versucht er dann, einen Ausgleich zu schaffen, ohne die Eltern zu enttäuschen. Viele Erwachsene erhoffen eine erzieherische Wirkung des St. Nikolausbesuches. Die hält er aber eher für klein. Wichtiger und wirkungsvoller ist es seiner Meinung nach, den Kindern eine Freude zu bereiten. An Sonderwünsche der Eltern kann er sich nicht erinnern. Er ist übrigens höchstens zwei- oder dreimal bei der gleichen Familie auf Hausbesuch gewesen.

Viele Kinder haben auch heute noch Angst oder Respekt vor St. Nikolaus. Der Schmutzli hält sich schweigend im Hintergrund und muss nur bei besonders frechen Kindern aktiv werden. Es kommt auch vor, aber eher selten, dass der Schmutzli draussen bleiben muss, weil die Kinder zu grosse Angst vor ihm haben.

Manchmal offerieren die Eltern St. Nikolaus und Schmutzli etwas zu trinken oder zu essen. St. Nikolaus nimmt aber nie etwas, weil er keine Zeit hat und noch andere Kinder besuchen muss. Zudem findet er, dass dadurch etwas vom Zauber des Abends verloren ginge. Auch seien die meisten Kinder froh, wenn St. Nikolaus wieder gehe und sie die Geschenke auspacken und die feinen Sachen geniessen könnten. Er meint auch, es sei ziemlich mühsam, mit einem St. Nikolausbart zu essen und zu trinken. Den Trinklern wird sehr häufig etwas angeboten.

Von den Trinklern begleitet zu werden, findet er toll. Wenn die Kinder den Schall der Trinkeln hören, können sie sich gut auf den Besuch des St. Nikolaus einstimmen. Dieser steht nicht einfach plötzlich vor der Tür. Die Geldgabe, welche St. Nikolaus von der Familie erhält, liegt heute im Durchschnitt zwischen zwanzig und dreissig Franken.

St. Nikolaus macht in Kägiswil jedes Jahr etwa 25 bis 30 Hausbesuche. Letztes Jahr ist er in der neuen Siedlung beim Schlierenhölzli gleich von sechs Familien gemeinsam empfangen worden. Familien, die schon länger in Kägiswil ansässig sind, laden St. Nikolaus häufiger ein als neu zugezogene. In der Regel werden an zwei Abenden Hausbesuche durchgeführt. Am ersten Abend sind zwei St. Nikolausgruppen unterwegs, eine in der Kreuzstrasse und eine im Schwarziberg. Letztere muss oft auch noch in der Kreuzstrasse auf Besuch gehen. Am zweiten Abend finden die Hausbesuche im Dörfli statt. Es werden gleichzeitig drei St. Nikolausgruppen ausgeschickt. Auf jeden St. Nikolaus trifft es jeweils vier bis fünf Haushaltungen. Ideal wären drei bis vier Besuche pro Abend. So wäre St. Nikolaus weniger unter Zeitdruck.

Jeweils am Nachmittag vor dem St. Niklauseinzug trifft man St. Nikolaus in der Pfarrkirche Kägiswil an. Die Kinder dürfen ihm nach dem Wortgottesdienst ein Sprüchlein aufsagen und werden mit einem Klaussäcklein beschert.