Warning: Undefined array key "HTTP_ACCEPT_ENCODING" in /users/nikolaus/www/functions.inc.php on line 100

Warning: Undefined array key "HTTP_ACCEPT_LANGUAGE" in /users/nikolaus/www/functions.inc.php on line 101
St. Nikolausbrauchtum in Kägiswil
St. Nikolausbrauchtum in Kägiswil

Nächster St. Niklauseinzug am Samstag, 30. November 2024, 19.00 Uhr

Neue Route: Schulhausstr.- Geristr.- Steinhausstr.- Brünigstr.- Dörflistr.- Brünigstr. bis Kreuzung Höhe ehemaliges Gemeindehaus




Willkommen auf der Webseite zur Maturaarbeit
"St. Nikolausbrauchtum in Kägiswil"


Ist Kägiswil ohne St. Nikolaus denkbar? In unserem kleinen Ort wird das St. Nikolausbrauchtum mit aussergewöhnlichem Eifer gepflegt. Es hat sich darum gelohnt, dieses Brauchtum in einer Maturaarbeit zu beschreiben.

Ich bin dem Kägiswiler St. Nikolaus schon in früher Kindheit begegnet, zu Hause und auf der Strasse. Das war jedes Mal ein bewegendes Erlebnis. Später war ich beim Schülertrinkeln als Trinklerin und in der sechsten Klasse als Schmutzli im Einsatz. Am Einzug war ich zweimal Engelchen, später Laternen- und Fackelträgerin, seit meiner Kantonsschulzeit Bettelschmutzli. Das prägt! Man steckt mitten drin in diesem Brauchtum. Meine Maturaarbeit hat mir nun die Möglichkeit geboten, das Kägiswiler St. Nikolausbrauchtum zu dokumentieren und aufzuzeigen, wie alles angefangen und sich entwickelt hat.

Im Folgenden werde ich auch aufzeigen, in welchen kulturellen und religionsgeschichtlichen Rahmen das Kägiswiler St. Nikolausbrauchtum einzuordnen ist.


Bischof Nikolaus von Myra

St. Nikolaus wird bildlich im Bischofsornat mit Stab und Mitra dargestellt. Er hat oft drei goldene Kugeln in der Hand, manchmal auch Brote, ein Buch, einen Anker oder ein Schiff. Hie und da steht er neben drei Knaben, die sich in einem Pökelfass befinden. St. Nikolaus wurde lange als Schutzheiliger der Kinder, der Schüler, der Liebenden und Heiratswilligen, der Reisenden, der Seeleute, der zu Unrecht Verurteilten und zahlreicher anderer Gruppierungen verehrt.

Noch heute ist kein Heiliger so populär wie St. Nikolaus. In den christlichen Ländern kennt ihn jedes Kind. St. Nikolaus zeichnet sich durch Menschenfreundlichkeit und Freigebigkeit aus. Er ist lieb zu den Kindern und bringt ihnen Geschenke. Die allgemeine Sympathie für ihn hat sich aber von der religiösen Überzeugung und von der Bindung an die Kirche und eine Konfession weitgehend gelöst. Laut Volkskundeprofessor Werner Mezger geht es bei St. Nikolaus kaum mehr um eine Glaubensfrage, sondern viel mehr um „ein Stück Märchenland, um ein bisschen verlorenes Paradies, Kinderglück und Geborgenheit.“ Dabei ist selbst die legendäre Lebensgeschichte des Heiligen weitgehend in Vergessenheit geraten.

Nikolaus wurde um 270 als Sohn reicher Eltern in der Hafenstadt Patara an der Südküste Kleinasiens, also in der heutigen Türkei, geboren. Schon als Jüngling weihte ihn sein Onkel, der im nahe gelegenen Myra Bischof war und ebenfalls den Namen Nikolaus trug, zum Priester. Nach dem Tode seiner Eltern verteilte der junge Nikolaus sein Erbe unter die Armen, stiftete ein Kloster und wurde dessen Abt. Er wurde etwa um 300 nach Christus zum Bischof von Myra gewählt. Bei der letzten Christenverfolgung im Römischen Reich um 310 wurde er eingekerkert und gefoltert. Im Jahre 325 nahm er am Konzil von Nicäa teil, wo er sich für das Dogma der Heiligen Dreifaltigkeit stark gemacht haben soll. Um die Mitte des 4. Jahrhunderts ist er vermutlich am 6. Dezember gestorben. Er wurde gemäss Darstellung von Peter Manns sofort „von Engeln empfangen und ins Paradies geleitet.“

In seiner Heimat soll er schon bald als mildtätiger und fürsorglicher Heiliger verehrt worden sein. Es begannen sich zahlreiche Geschichten von seinem wohltätigen und sogar wundertätigen Wirken zu verbreiten.

Als in Lykien eine grosse Hungersnot herrschte, soll Nikolaus erfahren haben, dass in einem nahen Hafen Schiffe angelegt hatten, die mit Korn beladen waren, das für die kaiserlichen Scheunen in Konstantinopel bestimmt war. Er eilte zu den Schiffen und bat die Besatzungen, ihm Korn zu geben, damit seine Landsleute vor dem Hungertod gerettet werden könnten. Die Verantwortlichen willigten aber erst ein, als er ihnen bei der Kraft Gottes schwor, dass sie dadurch zu keinem Schaden kämen. Als sie später in der Hauptstadt anlangten, fehlte tatsächlich kein Korn mehr. Das von Nikolaus an die Bevölkerung von Lykien verteilte Korn reichte jedoch ganze zwei Jahre aus. Es blieb sogar noch Korn für die Aussaat übrig.

Eine der bekanntesten Legenden ist jene von der Ausstattung der drei Jungfrauen. Ein verarmter Nachbar hatte kein Geld, um seine drei Töchter verheiraten zu können. In seiner Not wollte er sie in ein Bordell geben. Nikolaus hatte davon gehört und warf heimlich jeder Tochter einen Goldklumpen ins Haus, so dass sich alle drei eine Aussteuer leisten und ehrbar verheiraten konnten.

Eine weitere Legende erzählt von einem Säugling, der gestorben war, weil er von der Mutter zu nahe an den Herd gelegt wurde. Kraft des Segens von Nikolaus wurde der Säugling aber wieder zum Leben erweckt.

Mit der Verehrung des St. Nikolaus verbreiteten sich auch die Legenden von seinen Wundertaten, so auch die Legende von der Errettung von Seeleuten aus dem Sturm. Ein in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts gemaltes Kirchenfenster im Münster von Freiburg im Breisgau stellt diese Sturmlegende wie folgt dar: Als ein alles überragender Retter verjagt St. Nikolaus mit seinem Bischofsstab den schwarzen Teufel aus den noch aufgeblähten Segeln. Auch auf andern Bildern sieht man St. Nikolaus als Gegenspieler des als Teufel personifizierten Bösen. Dieser Bildtypus nimmt vielleicht den später im Volksbrauch üblich gewordenen Doppelauftritt des St. Nikolaus mit einem oder mehreren Schreckgestalten vorweg.

Eine erwähnenswerte Legende ist auch jene von den drei Schülern, die zu Nikolaus gehen wollten, um von ihm unterrichtet zu werden. Auf ihrer Reise wurden sie von einem Gastwirt, bei dem sie eingekehrt waren, getötet, zerstückelt und in einem Fass eingepökelt. Nikolaus wurde durch einen Engel benachrichtigt, ging zum mörderischen Wirt, deckte das Verbrechen auf und erweckte die Schüler durch die Fürbitte bei Gott wieder zum Leben.

Der älteste Text über den wundertätigen heiligen Nikolaus geht wahrscheinlich ins 6. Jahrhundert zurück. Er handelt vom so genannten Stratelatenwunder, bei welchem Nikolaus drei zu Unrecht eingekerkerte und zum Tode verurteilte Offiziere befreien konnte, indem er dem Kaiser Konstantin im Traum erschien und diesen vor schlimmen Konsequenzen warnte.

Die Legenden legen Zeugnis ab vom mittelalterlichen Kult um St. Nikolaus. Damals waren es nicht die Kinder, sondern die erwachsenen Christen, die nicht genug von ihm bekommen konnten. So stellt man heute fest, dass sein Leichnam in Bari und gleichzeitig in Venedig ruht. Zudem befindet er sich mit einigen Körperteilen in Nancy und im schweizerischen Freiburg. Eine mögliche Erklärung ist die, dass es tatsächlich mehrere Bischöfe mit gleichem Namen gab, nämlich Nikolaus von Myra selbst, seinen schon erwähnten Onkel, Nikolaus den Älteren, und einen Nikolaus, der Abt des Klosters von Sion und Bischof von Pinara war. Alle drei lebten in der Landschaft Lykien im südlichen Kleinasien.

Welches sind die historisch gesicherten Fakten über St. Nikolaus von Myra? Gustav Anrich hat in seinem zweibändigen Quellenwerk „Hagios Nikolaos“ alle griechischen Legendentexte gründlich analysiert und kam auf Seite 514 des zweiten Bandes zu folgendem ernüchternden Ergebnis: „Die Geschichtlichkeit eines Myrensischen Bischofs Nikolaus [...] in Abrede stellen zu wollen, wäre ein methodischer Fehler. Es kann einen Bischof dieses Namens gegeben, es kann derselbe sogar grosse Bedeutung für seine Heimat gehabt haben. Es kann auch der 6. Dezember der Tag seines Todes oder seiner Beisetzung gewesen sein. Das alles sind Möglichkeiten, denen man sogar eine gewisse Wahrscheinlichkeit wird zugestehen können. Weiter ist nicht zu kommen.“

Die offizielle Kirche ist im 20. Jahrhundert zu St. Nikolaus, als einer der einst überragenden Heiligengestalten, auf Distanz gegangen. Mehr als 700 Jahre nachdem das Konzil von Oxford den Nikolaustag als Fest erster Klasse erklärt hatte, wurde am 14. Februar 1969 „Sankt Nikolaus am 6. Dezember als allgemein gebotener Gedenktag aus dem Generalkalender der römischen Kirche gestrichen.“ Damit ist aber nicht der Heilige abgeschafft, sondern nur der offizielle kirchliche Gedenktag.

Das hat aber kaum einen Einfluss auf das St. Nikolausbrauchtum gehabt. Dieses ist aus den Legenden herausgewachsen. Von grosser Bedeutung für die Brauchentwicklung gelten die Legende der Ausstattung der drei Jungfrauen und jene von der Auferweckung der getöteten drei Schüler. Auf diese zwei Legenden führt man den Einlegebrauch, als Weiterentwicklung den Einkehrbrauch und den Schüler-St. Nikolaus zurück. Möglicherweise sind auch die finsteren Begleitgestalten der heutigen Nikolausfiguren aus den Legenden hervorgegangen.

Seit der Romantik wird immer wieder die Idee vertreten, dass sämtliche um den 5. und 6. Dezember herum gepflegten Bräuche uralt seien und in ihrer Grundsubstanz aus einer heidnisch-germanischen Zeit stammten. Man behauptet, die Figur des heiligen Nikolaus sei durch germanische Götter geprägt worden. Gott Wotan und seine wilde Horde würden in diesem Brauchtum fortleben. Laut Volkskundeprofessor Werner Mezger hält es die heutige Forschung für naiv, im bräuchlichen Auftritt eines christlichen Heiligen gewissermassen einen getauften, germanischen Gott zu vermuten und andererseits die dämonischen Seiten der Brauchausprägung als finstere, bisher vom Taufwasser unberührte Nischen unserer abendländischen Kultur zu deuten. „Mit andern Worten: die Annahme heidnisch-germanischer Wurzeln des Niklausbrauchtums entbehrt nicht allein jeder gesicherten Quellenbasis, sondern erscheint bei nüchterner historischer Betrachtung eher abwegig“.

Brauch und Brauchtum

Der Begriff Brauch kann als ein gemeinschaftliches Handeln definiert werden, das bei bestimmten Anlässen erfolgt, festen Regeln unterliegt und sich regelmässig wiederholt. Ein Brauch setzt eine brauchausübende Trägerschaft voraus, welche den formalen Handlungsablauf kennt und gewillt ist, diesen zu erhalten und zu pflegen.

Der Begriff Brauchtum steht für Brauchkomplex, also für die Gesamtheit von Bräuchen innerhalb eines bestimmten Rahmens. Spricht man vom Brauchtum der Schweiz, sind alle Bräuche innerhalb der Schweiz gemeint. Es gibt eine grosse Vielfalt von möglichen Rahmen, mit welchen man Bräuche eingrenzen und dadurch von anderen unterscheiden kann. Nebst den geografischen und den jahreszeitlichen Rahmen gibt es zum Beispiel auch politische, berufliche und religiöse.

Wenn ich meiner Maturaarbeit den Titel „St. Nikolausbrauchtum in Kägiswil“ gebe, heisst das, dass ich meine Untersuchungen mit einem geografischen und einem thematischen Rahmen auf die in Kägiswil gepflegten St. Nikolausbräuche beschränke.

Bräuche können nach verschiedenen Gesichtspunkten untersucht und eingeordnet werden. So zählen der St. Nikolauseinzug, das Schleiken und das Schülertrinkeln wegen des Einsatzes der weit herum schallenden Trinkeln zu den Lärmbräuchen, die insgesamt gesehen weit über das St. Nikolausbrauchtum hinausgehen. Wegen der beleuchteten Iffelen gehört der St. Nikolauseinzug gleichzeitig zu den Lichtbräuchen. Man kann ihn aber auch den Schaubräuchen zuteilen, weil er von Anfang an nicht allein von Kägiswilern für Kägiswiler abgehalten wurde. Das Schleiken des grossen Samiglais, also seine Hausbesuche, gehört zum so genannten Einkehrbrauchtum des St. Nikolaus. Wo der St. Nikolaus die Kinder nicht in sichtbarer Gestalt beschert, sondern heimlich, spricht man in der Volkskunde vom Einlegebrauch. Das Schülertrinkeln lässt sich übrigens auch bei den so genannten Heischebräuchen einreihen, denn der Schülersamiglais bittet, heischt, um eine Gabe.

Kurz, mit der St. Nikolausfigur ist eine Vielzahl von Bräuchen verbunden, auch in Kägiswil. Das Einkehrbrauchtum, der Einlegebrauch und der Knaben- bzw. Schülerbischof existieren in verschiedenen Gebieten Europas zum Teil schon seit Jahrhunderten. Für das Samiglaistrinkeln in Obwalden gibt es Belege aus dem 18. Jahrhundert. Seit wann es den Trinklerbrauch in Kägiswil gibt und wie lange hier der Einlegebrauch und der Einkehrbrauch schon gepflegt wurden, wird man mangels schriftlicher Quellen nie genau wissen.

Interessant ist eine Briefpassage von Justine Stockmann-Imfeld aus dem Jahre 1950. Rückblickend schrieb die 1881 geborene und in Alpnach aufgewachsene Tochter eines Landarztes: „Mit dem ersten Schnee rückte der Samichlaus näher und brachte allerlei Gutes: Kleider, Süsses, Spielzeug. Die Bilderbücher zeichnete und malte ich ab, dass es eine Freude war. Welche Poesie für ein Kinderherz! Jetzt wird Samichlaus selten mehr gefeiert. Er musste dem strahlenderen Weihnachtsfest Platz machen.“ Wenn der St. Nikolaus Ende des 19. Jahrhunderts in der Nachbargemeinde Alpnach einkehrte, wird er dann nicht auch da und dort schon in Kägiswil eingekehrt sein?

Die Brauchtumspflege zeigt Nebenwirkungen. Sie fördert den Gemeinschaftssinn. Gemeinsames Handeln, Erleben und Erinnern schafft ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Bräuche können die Kreativität anregen, sei es in kunsthandwerklichen oder organisatorischen Bereichen. Bei der Brauchtumspflege kann auch ein Prestigedenken ins Spiel kommen, insbesondere wenn Gruppen miteinander konkurrieren. Das kann einen Kreativitätsschub bewirken. Man will anders, besser, grösser sein. Dieser Dynamik unterliegen besonders die Trägerschaften von Schaubräuchen.

Gerade die Schaubräuche rufen immer wieder Kritiker auf den Plan. Ist dieser Brauch noch echt? Als echt wird dann meistens das gehalten, „was irgendwie vorindustriell ist und im primären Kommunikationszusammenhang geschlossener Gruppen steht;“ als unecht gilt dann alles, „was aus diesem Zusammenhang losgelöst in eine soziale Umwelt gelangt, für die es ursprünglich nicht bestimmt war. Dieser Echtheitsbegriff beruht auf Vorstellungen von einem unwandelbaren Volksleben, die auf die Romantik zurückgehen.“ Dabei wird übersehen, dass Kultur, und damit auch das Brauchtum, mehr ein Prozess als ein Zustand ist. Bräuche entwickeln und wandeln sich. Sie werden umgedeutet. Sie passen sich den Einflüssen der Zeit an. So erfuhren etwa gewisse christliche Bräuche eine zunehmende Verweltlichung. Bei andern wurde eine Rückbesinnung auf den ursprünglichen Kern des Brauches feststellbar.

Seit gut hundert Jahren hat eine Zähmung des vorher zum Teil ungebärdigen St. Nikolausbrauchtums stattgefunden.