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St. Nikolausbrauchtum in Kägiswil
St. Nikolausbrauchtum in Kägiswil

Ursprung und Entwicklung des Schülertrinkelns

Der Brauch des Kägiswiler Schülertrinkelns geht wahrscheinlich auf den Beginn der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Im Jahre 1971 erzählte Emil Gasser anlässlich des Altleutetages, dass er vor exakt 50 Jahren in Kägiswil den St. Nikolausbrauch eingeführt habe. Er sei als St. Nikolaus von Haus zu Haus gezogen. Laut seinen weiteren Aussagen war er mit einem Chorrock und einem langen Unterrock von Kronen-Karlini bekleidet. Josef Britschgi, Josef Burach und Johann von Wyl waren seine Diener. St. Nikolaus und Diener wurden von Trinklern begleitet, nämlich von Arnold Britschgi, Karl Zurmühle, Gerold von Wyl, Arnold Kathriner, Josef Schmitter, Franz Burach, Johann Zurmühle, Walter Britschgi und Melk von Wyl. Sie hatten damals, also 1921, Fr. 104.70 Ausgaben und Fr. 150.-- Einnahmen.

Ob die erwähnten Personen wirklich das erste St. Nikolaustrinkeln in Kägiswil durchgeführt oder ob sie einen alten St. Nikolausbrauch nach einem Unterbruch während des Ersten Weltkrieges wieder neu belebt haben, kann hier nicht beurteilt werden. Sicher ist aber, dass die Mitteilung von Emil Gasser am Altleutetag von 1971 von niemandem angezweifelt oder korrigiert wurde.

Es ist zu bemerken, dass es sich bei jenem angeblich ersten Kägiswiler St. Nikolaustrinkeln weder um ein Trinkeln der so genannten Grossen gehandelt haben kann, noch um ein reines Schülertrinkeln. Es scheint wirklich ein Trinkeln gewesen zu sein, das aus privater Initiative entstanden ist. Dafür sprechen auch die Jahrgänge der Teilnehmer. Der älteste, Emil Gasser als St. Nikolaus, ging mit seinen sechzehn Jahren bestimmt nicht mehr in Kägiswil zur Schule. Der jüngste besuchte wahrscheinlich die erste oder die zweite Klasse. Ein Trinkeln der Grossen konnte das also nicht gewesen sein. Dass der St. Nikolaus von drei Dienern begleitet wurde, spricht auch eher für eine Art Schülertrinkeln. In unserer Gegend wird der St. Nikolaus der Grossen nirgends von Dienern, sondern immer von einem bis zwei Schmutzli begleitet. Für ein Schülertrinkeln sprechen zudem die erwähnten Ausgaben und Einnahmen. Der St. Nikolaus der Grossen schenkt den Kindern das, was die Eltern ihm bereitlegen. Mit dem Entgelt, das er bekommt, wird ihm für seinen Besuch gedankt. Ganz anders ist es jedoch beim St. Nikolaus der Schüler. Solange sich die Kägiswiler erinnern können, hat dieser immer ein Gebäck gebracht, damit er im Gegenzug eine etwas wertvollere Gabe in Form von Geld erhielt. Es herrschte also stets das Prinzip: Ich gebe, damit du gibst.

Über die Verwendung des Reingewinns von Fr. 45.30 ist nichts bekannt. Es stellt sich auch die Frage, ob nur jene wenigen obgenannten Personen daran beteiligt waren oder ob man sich nach 50 Jahren einfach nicht mehr an die Namen der andern erinnern konnte. Gab es keinen Hauptmann und keinen Schmutzli oder wurden sie nicht erwähnt, weil man nicht mehr wusste, wer diese Rollen spielte? Diese Fragen können heute leider nicht mehr beantwortet werden. Der vom St. Nikolaus getragene Chorrock deutet darauf hin, dass der damalige Kaplan dem Treiben der Buben mit Wohlwollen begegnete, denn die Herausgabe des Chorrockes konnte ja nur mit seinem Einverständnis erfolgen.

Auswertung des Fragebogens über das Schülertrinkeln

Von den 29 Personen mit den Jahrgängen 1924 bis 1944, die meinen Fragebogen ausfüllten, haben fünf die Frage, ob es das Schülertrinkeln in Kägiswil schon zur Zeit ihrer Eltern und Grosseltern gegeben habe, mit einem Ja beantwortet. Damit würde das Schülertrinkeln bis ins 19. Jahrhundert zurückgehen. Beweisen lässt sich das aber im Rahmen meiner Arbeit nicht.

Über das Schülertrinkeln in den 1930er Jahren weiss man nicht viel. Immerhin bestätigte ein Zeitzeuge, der die gesamte Primarschule vor dem Zweiten Weltkrieg absolvierte, dass es das Schülertrinkeln bzw. Bubentrinkeln schon zu seiner Zeit gegeben habe. Er bemerkte auch, dass es immer „ein riesiges Erlebnis“ gewesen sei, und dass jeder mitgemacht habe. Er wurde einmal zum Diener gewählt. Diese waren „ungefähr wie Ministranten“ gekleidet und „trugen im Korb die Geschenke“. St. Nikolaus beschrieb er als „Bischof im Ornat“. An das Aussehen des Hauptmanns konnte er sich nicht mehr erinnern. Der Schmutzli habe eine schwarze Pelerine getragen und ein schwarzes Gesicht gehabt. Mit dem Grotzli in der Hand sei dieser den Mädchen nachgerannt. Das von den Leuten erhaltene Geld habe man verwendet, um die Mitwirkenden mit Nidel und Lebkuchen zu verköstigen, der Rest sei in die Rütlikasse, das heisst in die speziell zugunsten der Schulreise aufs Rütli eingerichtete Kasse, geflossen. „Einmal gab es Unregelmässigkeiten mit dem Geld. In der Folge wurde die Aufsicht verstärkt.“

Schülertrinkeln unter Lehrer Knobel

Während der 1940er Jahre war das Schülertrinkeln für eine gewisse Zeit verboten, angeblich wegen des Krieges und wegen Kaplan Arnold, der damals den langjährigen Kaplan Sigrist abgelöst hatte. Herr Knobel, der im Jahre 1942 als junger Lehrer in Kägiswil die 3. bis 7. Klasse der Buben übernommen hatte und bis 1953 hier unterrichtete, kann sich nicht an einen Unterbruch des Schülertrinkelns erinnern.

Ein Befragter, der von 1944 bis 1950 in Kägiswil die Primarschule besuchte, bemerkte aber im Fragebogen: „Ich lebte in einer Zeit, als das Schülertrinkeln unterbrochen wurde. Der Kaplan hat es nicht erlaubt. Aber ab ca. 1947/48 war alles wieder okay.“ Der Informant war einmal Diener und einmal Schmutzli gewesen. Damals konnten schon Fünftklässler Diener werden. Die andern Ämtlein waren aber den Schülern der 6. und 7. Klasse vorbehalten. Als er Diener war und St. Nikolaus begleiten durfte, dämmerte es schon, als sie im Grotzi auf dem Schwarziberg zum letzten Haushalt kamen. Sie hatten nur noch ein einziges Gebäck, einen Zopf, zu verschenken. Grotzi Marie nahm diesen mit Freude entgegen. Als sich St. Nikolaus und seine Diener verabschiedeten, fragte die Frau, ob sie auch noch die Familie im oberen Stock besuchen würden. Verblüfft entgegnete St. Nikolaus: „Was? Oben wohnt auch noch eine Familie? Wir haben nichts mehr zu verschenken.“ Kurz entschlossen holte die gute Frau gedörrte Birnen und Guetzli, füllte diese in einen Papiersack und meinte: „So, jetzt habt ihr etwas für die Familie im oberen Stock!“. Alle waren glücklich und zufrieden, St. Nikolaus, die Familie im oberen Stock und Frau Huser. Das muss sich im Jahre 1948 abgespielt haben. St. Nikolaus und sein Gefolge wurden übrigens damals nicht vom Lehrer begleitet. Für Disziplin schauten alleine der Hauptmann und die Schmutzli. Lehrer Knobel tauchte hie und da mit dem Velo auf und schaute, ob alles in Ordnung war.

In den 40er Jahren soll es auch zu Rivalitäten zwischen den Alpnacher und den Kägiswiler Schülertrinklern wegen Revierüberschreitungen gekommen sein. Angeblich endeten diese sogar einmal mit einem Nasenbeinbruch.

Schülertrinkeln 1943 und 1948 – ein Vergleich

Auf einem Foto, das 1943 gemacht wurde, sieht man St. Nikolaus in einem weissen Gewand, mit Inful auf dem Haupt und einem Bischofsstab in der Hand. Weisses Haar und ein langer weisser Bart rahmen sein Gesicht ein. Unter der Nase klebt ein weisser Schnauz. Links und rechts von ihm stehen zwei Diener, die ähnlich wie Ministranten gekleidet sind. Einer von ihnen scheint eine Kopfbedeckung zu tragen. Zudem hält er ein Beutelchen in der rechten Hand. Zu ihren Füssen sitzt der Schmutzli in hellem Gewand mit einer schwarzen Kapuze, ein Grotzli in den Händen haltend. Die beschriebene Gruppe ist von Trinklerbuben umgeben. Vier von ihnen tragen eine Militärmütze. Am rechten Rand des Bildes steht der Hauptmann in einer Militäruniform aus der Zeit des Ersten Weltkriegs.

Laut einem Aufsatz eines Viertklässlers zeigte sich St. Nikolaus im Jahre 1948 in einem violetten Gewand mit einem weissen Rock darunter. Er wurde von zwei Engeln begleitet. Diese „trugen ein weisses Hemd und einen roten Rock. Auf dem Kopf befand sich ein Krönlein, worauf drei silberne Sterne gezeichnet waren.“ Die Schmutzli hatten ein Grotzli in der Hand. „Sie trugen eine schwarze Zittelkappe. Das Gesicht und die Hände waren mit Russ bemalt. Sie waren mit langen schwarzen Hosen, einem Hirthemd und Turnschuhen gekleidet. Der Hauptmann […] trug ein zusammengesetztes Sackgewand und schräg über die Achsel hingen Gerölle und der Säbel. Eine Narrenkappe mit Hörnern bedeckte den Kopf.“

Vergleicht man diese Darstellung mit der zuvor beschriebenen Fotografie, fällt insbesondere auf, dass es neu nicht mehr nur einen, sondern zwei Schmutzli gibt. Der Hauptmann mit der Militäruniform ist verschwunden. An seine Stelle ist eine narrenähnliche Figur getreten. Als einziges militärisches Zeichen ist der Säbel übrig geblieben. Dass es diesen Hauptmann wirklich gegeben hat, bezeugt auch ein anderer Befragter, der selber Hauptmann gewesen ist. Die Uniform aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, welche auf dem Foto von 1943 zu sehen ist, gehörte dem Vater des damaligen Hauptmannes. Seinem Nachfolger stand sie wohl nicht mehr zur Verfügung.

Auffällig ist zudem, dass die Diener in jener Zeit Engel genannt wurden. Vielleicht steckt der Einfluss von Lehrer Knobel dahinter, der in Wolfenschiessen aufwuchs, wo Engel die Diener des Schüler-St. Nikolaus waren und immer noch sind. Dafür könnte auch das Sprüchlein sprechen, welches in Kägiswil noch heute vom St. Nikolaus und seinen Dienern aufgesagt wird.

Ständiger Wandel

St. Nikolaus und sein Gefolge unterliegen einem ständigen Wandel. Dies zeigt ein weiteres Foto aus dem Jahre 1950. St. Nikolaus und seine Diener bzw. Engel sind gleich ausstaffiert, wie sie im Schüleraufsatz vom Dezember 1948 beschrieben wurden. Sogar die silbernen Sterne auf den goldenen Krönlein sind bei genauem Hinsehen auszumachen. Haare und Bart des St. Nikolaus scheinen noch dieselben zu sein wie auf dem Foto von 1943. Neu ist die Erscheinung der Schmutzli und der Trinkler. Erstere sind von Kopf bis Fuss schwarz und haben ein Geröll umgehängt. In der Hand halten sie ein Grotzli. Auffallend ist, dass sie eine eng anliegende schwarze Kapuze mit je zwei ausgestopften Hörnern tragen. Das Gesicht ist ganz dunkel gebrämt, ebenso die Hände. Die Schmutzli haben sich so zu teufelartigen Gesellen gewandelt. Erstmals tauchen Trinkler mit Hirthemden auf. Der Hauptmann fehlt auf dem Bild. Vielleicht ist er bei den übrigen Trinklern. Nebst den genannten Figuren gab es übrigens auch noch die Wägelizieher bzw. Bäcker, die bisher nicht erwähnt wurden.

Um 1950 herum erhielt der Hauptmann ein Schweizergardistengewand mit entsprechendem Helm und einer hölzernen Hellebarde. Diese wurde von Wagner Beda von Wyl nach Anweisungen von Herrn Knobel gemacht. Das Gardistenkostüm hatte die Schneiderin Lina von Wyl-Imfeld angefertigt und den Schülern geschenkt. Von dieser einzigartigen Hauptmannsfigur, die während vieler Jahre die Trinklerschar anführte, konnte leider kein Foto ausfindig gemacht werden. Das Gewand wurde bis in die 1970er Jahre verwendet. Weil es schliesslich allzu stark ausgetragen und einem ziemlich gross gewachsenen Buben zu klein war, wurde es durch einen Militärkittel aus dem Ersten Weltkrieg und einen Feuerwehrhelm ersetzt.

Heute trägt der eine Hauptmann der drei Trinklergruppen einen Militärkittel aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, eine Offiziersmütze und einen langen Säbel, der andere einen ähnlichen Kittel, ebenfalls eine Offiziersmütze und einen Säbel aus früherer Zeit. Die Trinklergruppe im Schwarziberg wird von einem Schmutzli mit einem Grotzli befehligt.

Die Diener des St. Nikolaus tragen heute keine Krone mehr und die Schmutzli haben ihre Hörner wieder verloren.

Nicht nur die Kleider, sondern auch das Auftreten scheinen sich geändert zu haben. „Das Trinkeln war früher viel straffer organisiert. Es herrschte mehr Ordnung und Disziplin als heute.“

Vergabe der Ämter

Das Schülertrinkeln war lange Zeit reine Bubensache. Vor der Durchführung mussten die verschiedenen Ämter vergeben werden. Die Vergabe erfolgte jeweils in demokratischer Wahl. In den 1940er Jahren wurde hierfür eine „Bubenlandsgemeinde“ gehalten, an welcher Vorschläge für die Besetzung der Ämter gemacht und diese schliesslich nach dem Mehrheitsprinzip vergeben wurden. „Es ist eine stille Wahl gewesen. Man hat Zettelchen ausgefüllt. Wer am meisten Stimmen bekommen hat, der ist dann Hauptmann, St. Nikolaus oder Schmutzli geworden.“ Manchmal machte Lehrer Knobel von seinem Vetorecht Gebrauch. Übrigens fanden diese Landsgemeinden bei schönem Wetter im Schlierenhölzli statt, sonst aber im Schulzimmer.

Im Vorfeld dieser Versammlungen ist in internen Gruppen besprochen worden, wer dieses oder jenes Ämtlein übernehmen könnte. Es ist auch vorgekommen, dass der eine oder andere signalisiert hat, für was er sich besonders eignen würde. Dadurch hat sich hie und da schon im Voraus abgezeichnet, wer welches Amt bekleiden könnte, wenn da nicht ein Rivale vorhanden gewesen wäre. Solche Rivalitäten führten manchmal vor und nach der Wahl zu handgreiflichen Streitigkeiten. Die Missbilligung einer Wahl konnte auch subtiler kundgetan werden. Da war zum Beispiel einer, der gerne Schmutzli geworden wäre. Seine Mutter hatte jeweils die Trinklerbuben mit warmem Tee versorgt. Der Sohn ist nicht Schmutzli geworden, und so gab es in jenem Jahr auch keinen Tee.

Schülertrinkeln unter Lehrer Gasser

Als Lehrer Knobel im Jahre 1953 Kägiswil verliess und durch Lehrer Camenzind ersetzt wurde, hatte das Schülertrinkeln von Kägiswil in allen Bereichen einen vorgegebenen, festen Rahmen: die Vergabe der Ämtlein, die Figuren, das Sprüchlein, die Zuteilung der Gaben, die Route usw. Lehrer Camenzind führte alles so weiter, wie es Herr Knobel gehandhabt hatte. Dies tat auch Lehrer Gasser, der das Schülertrinkeln ab November 1957 während Jahrzehnten leitete.

Lehrer Gasser wurde von der Lehrerin Verena Aufdermauer instruiert, wie man das Schülertrinkeln bisher durchgeführt hatte, und wo er die nötigen Utensilien finden konnte. Es war auch eine Liste von den Kägiswiler Haushaltungen vorhanden, auf welcher geschrieben stand, wer wie viel gespendet hatte. So wusste man, wie viel Gebäck bei Bäcker Meier in der Kreuzstrasse zu bestellen war. Man kaufte vier verschiedene Gebäcksorten, nämlich Weggen, Vögel sowie kleine und grössere Ringe. Es erhielt nicht jeder Haushalt gleich viel. Die überreichte Gabe entsprach der letztjährigen Spende. Wenn also jemand jede Gebäcksorte bekommen wollte, musste er mindestens so viel spenden, wie die Backwaren beim Bäcker gekostet hätten. So konnte sichergestellt werden, dass ein Gewinn für die Schulreisekassen übrig blieb. Ein Teil des Gewinnes wurde jeweils auch für den Trinklersold verwendet. In den 1970er Jahren lag dieser für die kleineren Schüler, die nur einen halben Tag lang trinkelten, bei einem Franken. Die andern erhielten für den ganzen Tag zwei Franken. In früheren Jahren war es etwas weniger gewesen.

Das Schülertrinkeln fing jeweils schon vor der eigentlichen Unterrichtszeit an und dauerte bis etwa um 5 Uhr abends. Jene, die ein Ämtlein hatten, wurden auf 6 Uhr morgens ins Schulhaus bestellt, damit sie eingekleidet und geschminkt werden konnten. Die Trinkler wurden vom Hauptmann nach der Grösse der Trinkel eingereiht. Weil es anfänglich nicht genügend Hirthemden hatte, bekamen nur die vordersten Ränge ein solches Hemd. Um 6.45 Uhr ging es los. Zuerst begab sich St. Nikolaus mit seinem Tross immer zum Haus des Kaplans bzw. Pfarrers. Anschliessend sah die Route folgendermassen aus: Post – Metzg – Ei – Arviblick – Triechten – Kreuzstrasse – Kernmatt – Tellen – Kreuzmatt – Dörfli. Am Nachmittag ging man auf den Schwarziberg.

Der Weg entlang der Brünigstrasse war gefährlich. Da musste der Hauptmann schauen, dass die Trinkler schön am Strassenrand blieben. Unterwegs hatte er aber auch noch auf anderes Acht zu geben. Wenn es an Häusern vorbei ging, in welchen ein Toter aufgebahrt war, musste er das Trinkeln rechtzeitig einstellen lassen und dafür sorgen, dass der ganze Trinklerharst in aller Stille am Trauerhaus vorbeizog. Man durfte auch nicht allzu nahe bei Viehställen trinkeln, damit das Vieh nicht unruhig wurde. Da und dort bekamen die Buben von den Leuten einen Tee oder einen Apfel.

Das Schülertrinkeln wurde immer früher als der Kägiswiler St. Niklauseinzug durchgeführt. Man achtete auf das Wetter. Sobald aber die Gebäcke bestellt waren, konnte die Durchführung nicht mehr abgesagt werden. Es kam manchmal vor, dass es regnete oder schneite. Es ist auch nicht immer gelungen, noch vor Einbruch der Dunkelheit vom Schwarziberg zurückzukehren.

In den früheren Jahren hielten die Schüler ihr Trinkeln ziemlich selbstständig ab. Der Lehrer machte nur Stichproben. Die Wägelizieher gaben den Dienern die entsprechende Gebäckmenge heraus. St. Nikolaus überreichte den Leuten das Gebäck auf einer kleinen Platte. Ein Diener nahm dann die Spende entgegen, ging zu den Wägeliziehern und meldete, wie viel Geld er bekommen hatte. Spender und Spende wurden fein säuberlich aufgeschrieben und verbucht. Später wurden Gabenzuteilung und Verbuchung vereinfacht, indem man nur noch kleine und grosse Weggen schenkte. Schliesslich übernahm aber der Lehrer das Verbuchen der Spenden selber und war dadurch andauernd präsent.

Das Schülertrinkeln blieb lange eine reine Bubensache. Die Mädchen hatten schulfrei. Anfangs der achtziger Jahre wünschte eine Drittklässlerin, ebenfalls trinkeln zu gehen. Die Mutter brachte sie am Morgen mit einer Trinkel zum Schulhaus und reihte sie kurzerhand zuhinterst in der Trinklergruppe ein. Das Mädchen trinkelte den ganzen Tag. Später liess der Lehrer die Buben der 5. und 6. Klasse darüber abstimmen, ob man dem Trinklermädchen den Sold auch entrichten solle. Das Resultat war ein einstimmiges Nein. Darauf bezahlte der Vater den entsprechenden Sold und das Mädchen erzählte es in der Schule mit Stolz.

Gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts durften die Mädchen nicht nur trinkeln, sondern sich auch um jedes Amt bewerben. Bis heute nutzen sie diese Möglichkeit sehr rege und treten immer öfter als St. Nikolaus, Diener und Schmutzli auf. Das früher so begehrte Amt des St. Nikolaus scheint für die Buben nicht mehr die gleiche Attraktivität wie früher zu haben.

Es kam auch zu weiteren Änderungen. Lehrer Gasser übergab die Leitung des Schülertrinkelns anderen Lehrpersonen. Diese wollten, dass das Trinkeln nur noch innerhalb der Unterrichtszeit stattfindet. Weil es aber in dieser knapp bemessenen Zeit für einen einzigen St. Nikolaus nicht möglich ist, die Besuche im Dörfli, in der Kreuzstrasse und im Schwarziberg durchzuführen, schuf man anfänglich zwei, später drei Gruppen. Um alles noch ein wenig zu vereinfachen, bringt der Schüler-St. Nikolaus seit längerer Zeit allen besuchten Haushaltungen das gleiche Geschenk, nämlich einen kleinen Lebkuchen. Weiter wurde auch der Trinklersold abgeschafft.

Weil nicht für alle Gruppen genügend Kostüme vorhanden waren, entschloss sich das St. Niklauskomitee, welches bisher mit dem Schülertrinkeln nichts zu tun hatte, für die Schüler neue Kostüme herstellen zu lassen. In der Folge machte die Schneiderin Frau Anna Britschgi-Zurmühle alle heutigen Kleidergarnituren für die St. Nikoläuse, Diener und Schmutzli. Zudem fertigte sie gegen 60 weisse Hirthemden bzw. Kutteli für die Schülertrinkler an. All diese Kleider für das Schülertrinkeln werden nun durchs Jahr hindurch in den Lagerräumen des St. Niklauskomitees aufbewahrt.